Laudatio für die Eröffnung der Ausstellung »Kaleidoskop«
in der Sankt Marien – Andreas – Kirche in Rathenow
… Die für die Rathenower Ausstellung getroffene Bildauswahl belegt die thematische und technische Vielseitigkeit der Künstlerin, die die sanft schwingenden Linien, die weichen, schwebenden Formen und hauchfeinen Lasurschichtungen der Farben ebenso souverän anzuwenden versteht, wie die zackigen Schraffuren, die wild tanzenden Figuren und den expressiven Farbenrausch mit saftig – fettem Farbauftrag, der auf den Leinwänden ein flaches Relief hinterlässt und dem Lichtspiel der Farben einen zusätzlichen Reiz aufsetzt.
Und mit allen diesen technisch überzeugend angewandten Malmitteln gestaltet sie ein Kaleidoskop der menschlichen Leidenschaften, in dem Liebe und Hass, Heiterkeit und Trauer, Schuld und Vergebung, Versuchung und Widerstand, Freude und Schmerz, Angst und Kühnheit, Wildheit und Sanftmut, Helligkeit und Dunkelheit nebeneinander existieren und sich in der Dualität gegenseitig sogar bedingen. In der Malerei führt – wie wir hier sehen können – die auf starke Kontraste setzende Dualität zu einer tief berührenden, dramatischen Steigerung der Ausdrucksmöglichkeiten.
Linde Kauert hat der Ausstellung in ihrer Heimatstadt Rathenow den Titel »Kaleidoskop« gegeben, ein Begriff, der … nicht nur sehr gut zu dieser Bilderauswahl passt, sondern sich auch sehr gut zur Beschreibung ihres gesamten künstlerischen Schaffens eignet. Ihr bisher erarbeitetes Lebenswerk spaltet sich tatsächlich kaleidoskopartig in verschiedene Facetten auf, denn Linde Kauert ist nicht nur eine gestandene Malerin farbenlustvoller Leinwände, sondern auch eine vielseitige Bildgestalterin, die sich von der Literatur zu zarten Aquarellen anregen lässt, eine Buch liebende Büchermacherin, die mit Wortgestaltern zusammenarbeitet und eine Verlegerin bibliophiler Ausgaben, die mit ihrem Partner Heinz Hellmis in der Edition Z W I E F A C H Texte und Geschriebenes in Buchobjekte und Künstlerbücher der besonderen Art verwandelt …
Man kann das »Kaleidoskop« aber auch noch in anderer Weise verstehen: Wenn wir den Begriff wörtlich aus dem Griechischen übersetzen, ist es ein Spielgerät zum »Schönbildschauen« – auch das eröffnet eine Dimension, die sehr gut zu Linde Kauerts Werk und Person passt: das Spielerische und »das schöne Bild«. Das Spielerische kann dabei eine Möglichkeit ihrer Bilderfindungen beschreiben, die sich oft aus einem zunächst unsystematischen, eben spielerischen Suchen entwickelt. Das Schöne erwächst dabei aus der vitalen Spannung, die entsteht, wenn der duale Kontrast in einen Ausgleich gebracht wird, wenn die konvex schwingende Linie ihren konkaven Gegenschwung erfährt, wenn eine Farbe auch ihren Komplementärkontrast in der Bildfläche findet, wenn Formen- und Farbenspiel im Verlauf des Malprozesses ein kompositorisches Gleichgewicht finden und von den Malhandlungen der Künstlerin bis zu einer spürbaren Vollendung getrieben werden.
30. März 2008 / Dr. Brigitte Hammer